Dass besondere Umstände besondere Maßnahmen erfordern, dürfte wohl jedem klar sein. Was dies aber im Einzelnen bedeutet, wird meist erst auf den zweiten Blick deutlich. Das galt auch für die diesjährige Absage des Sitzungskarnevals. Betroffen waren davon nicht nur die Vereine als Veranstalter und Akteure auf und hinter der Bühne. Die Absagen betrafen viele weitere Personen, an die man im ersten Moment nicht denkt. Nämlich die Menschen, die an der Realisierung der Veranstaltungen beteiligt sind und maßgeblich zum Gelingen derselben beitragen, ohne dass man sie wirklich wahrnimmt. Das sind zum Beispiel die Dienstleister und deren Servicekräfte, die auf den Veranstaltungen viele Kilometer zurücklegen, um alle Gäste mit Speisen und Getränken zu versorgen. Oder die Reinigungskräfte, die die Sanitärbereiche sauber halten und nach den Veranstaltungen nicht nur die Luftschlangen zusammenkehren. Die Sicherheitsdienste, die einen schnellen und reibungslosen Einlass gewährleisten und bei jeder Frage mit Rat und Tat zur Verfügung stehen. Sie sind genauso wichtig wie die Technikfirmen, Sitzungskapellen, Spielmanns- und Musikzüge, Tanzgruppen, Solokünstler und Bands. Sie alle sind die „Bausteine“, die man für die Planung und Durchführung einer Karnevalssitzung braucht. Die Absage des Saalkarnevals bedeutete für viele Menschen die Einbuße von Lohn, Gage oder Miete. Einkünfte, mit denen Lebensunterhalte bestritten und Familien ernährt werden, die Jugendförderung finanziert und Brauchtumspflege betrieben wird.

Glücklicherweise konnten wir durch die Inanspruchnahme des Sonderfonds Kultur und des Zusatzfonds „Zukunft Brauchtum“ all unseren Dienstleistern die ausgefallenen Gagen, Mieten und Löhne erstatten, ohne als Verein auf den Kosten sitzen zu bleiben. Mit geringem bürokratischem Aufwand ist es uns gelungen, nicht nur den finanziellen Schaden für unseren Verein abzufangen, sondern auch unsere Partner nicht im Regen stehen zu lassen. Wie wichtig es ist, gerade in schwierigen Zeiten – und nicht nur im Brauchtum – zusammenzuhalten, zeigt der Brief eines Künstlers, den wir hier angehängt haben.

Liebe Freundinnen und Freunde der Stadtgarde Oecher Penn,

hier meldet sich der Mann mit dem Affen, der auch in der letzten Session leider weitgehend in der Kiste bleiben musste. Ich möchte mich auf diesem Weg sehr herzlich dafür bedanken, dass Ihr mir eine Gage gezahlt habt ohne die entsprechende Gegenleistung zu bekommen. Wie Ihr Euch vorstellen könnt, ist es mir persönlich sehr unangenehm und ich hätte lieber vor Eurem Publikum gestanden und den Willi dummes Zeug plappern lassen, so wie wir alle es einmal geplant haben.

Ich kann aber – ebenso wie meine Kolleginnen und Kollegen – nicht generös auf alle Gagen verzichten, denn wie viele andere Branchen ist auch unser Lebensunterhalt zu einem Großteil von einer bestimmten Saison, in diesem Fall dem Karneval abhängig. Dafür arbeiten wir das ganze Jahr, bereiten uns vor und standen bis zuletzt erwartungsvoll in den Startlöchern. Die wenigen Auftritte, die in den beiden letzten Jahren während der kurzen „Erholungsphasen“ der Pandemie möglich waren, sind finanziell leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Nicht zuletzt hat auch mein Büro bei der GO GmbH enorm viel Arbeit geleistet, die bisher unbezahlt blieb.

Von daher bin ich sehr dankbar, dass Menschen wie Ihr, für die der Karneval ein Hobby ist, welches sie ehrenamtlich neben ihrem eigenen Beruf und Privatleben betreiben, die Mühe und den Frust auf sich nehmen und versuchen, die Zukunft des Sitzungskarnevals und der Beteiligten zu sichern.
Ich wünsche ich Euch, Euren Mitgliedern und den dazu gehörenden Familien alles Gute, haltet die Ohren steif und die Pappnasen auf und der Affe und ich freuen uns auf ein Wiedersehen!

Ganz herzliche Grüße,

Klaus ohne Willi