Oecher Penn schart mehr als 1400 Gäste zur Gala-Sitzung vor die Eurogress-Bühne. Traditioneller Karneval auf höchstem Niveau.
Aachen. Alle Angaben ohne Gewehr? Von wegen. Die Karnevalsknarren-Affäre – ausgelöst durch Polizisten, die das Spielzeuggewehr eines Penn-Gardisten auf offener Straße beschlagnahmten – war bei der (mann)stärksten Sitzung des Aachener Karnevals am Samstagabend in aller Munde. Garantiert ganz verlässlich. Dank extra schmaler Bestuhlung quetschten sich über 1400 Narren in feinster Abendgarderobe vor die Bühne im Eurogress – auf der es bei der Gala-Sitzung der Oecher Penn, mit 700 Mitgliedern Aachens ältester und größter Traditionsverein, nicht minder eng zuging.
Was die Penn-Gala auszeichnet? Erstens: Kommandant Jürgen Brammertz und seine ausgezeichnete Truppe bieten mit der Penn-Show einen mitreißenden Tanz- und Gesangsauftritt aus den eigenen Reihen. Und die Penn beschenkt das Publikum mit dem ausgezeichneten Karnevalsprinzen Thomas III. zum 160-jährigen „Jubiläum“ der Garde mit einem Narrenherrscher, der sonst selbst als Gardist auf der Bühne steht. Als Thomas III. in einer Märchenprinz-Sänfte in den Saal getragen wird, vor dem Marketender-Paar in den Spagat fällt und schließlich seine tatsächlich erstklassigen Karnevalslieder singt, ist das Publikum nicht mehr zu bremsen. Das ist Öcher Fastelovvend bester Machart auf höchstem Niveau.
Zweitens: Programmmacher und Vizekommandant Georg Cosler vertraut zu Recht auf die enorme Aufmerksamkeit seines Publikums, das besonders bemerkenswert ist. Deswegen gelingt Bauchredner Fred van Halen sein Auftritt, obwohl der altgediente Comedian komischerweise nicht gerade seinen besten Tag erwischt. Es fehlt vor allem an Tempo und Pointen. Beides beherrscht Kabarettist Jürgen Beckers alias Jürgen B. Hausmann in Perfektion. Sein Wortwitz kitzelt die Zwerchfelle bis zum Umfallen. Apropos Fall: Beckers, van Halen, Kommandant Brammertz, Et Zweijestirn (Carsten Forg und Roland Jansen) – alle streifen in ihren Reden süffisant den „Gewehr-Fall“ von Aachen, der übrigens bis nach China Schlagzeilen in Zeitungen schrieb. Witzigere Werbung weltweit können sich die Penn und der Aachener Karneval kaum wünschen – was auch Alemannias Stadionsprecher Robert Moonen amüsiert, dem der ruhmreiche Pegasus-Orden der Garde angetragen wird. Auch das passt perfekt, tosender Applaus.
Drittens, Klatschmarsch: Wer Hochkaräter wie die Tanzformation Westerwaldsterne, die Kölsche Funke rut-wieß vun 1823 und schließlich die 4 Amigos mit Uwe und René Brandt sowie Dietmar Ritterbecks und Stefan Beuel als Stimmungsgaranten auf der Bühne um sich schart, verdient mehr als Beifall. Nämlich Standing Ovations. Frenetisch feiern die Gäste in schwarzen Anzügen und Abendkleidern die Buntkostümierten im Rampenlicht. Da fliegen Mariechen bis unter die Eurogress-Decke, da tanzen Stöckelschuhe auf den Tischen – und die komplette Penn-Familie singt selig mit. Über vier Stunden funkelt das karnevalistische Feuerwerk – danach wird im Eurogress-Foyer himmlisch gefeiert. Auch dort gibt es – neben der herausragenden Sitzung – nur ein Thema: die Gewehr-Affäre.
Bleibt viertens: Ob der Penn kommendes Jahr ein ähnlich werbewirksamer Coup glückt? Hinter den Kulissen wird angeblich schon daran gearbeitet. Doch dafür gibt‘s, natürlich, keine Gewähr.