Aachener Nachrichten vom 26.01.2020 / Holger Richter

Wenn die Stadtgarde Oecher Penn zur Gala-Sitzung ins Eurogress lädt, dann ist das für Aachen ein gesellschaftliches Ereignis. Und so war es auch am Samstagabend. Annähernd 1400 Zuschauer im ausverkauften Europa-Saal erlebten viereinhalb Stunden traditionellen Karneval.

Der Samstag war schon fast vorüber, als Willibert Pauels als Bergischer Jung seine Rede im Eurogress gegen 23.20 Uhr beendete. Die Gala-Sitzung der Stadtgarde Oecher Penn dauerte zu diesem Zeitpunkt schon mehr als drei Stunden, und trotzdem feierten die fast 1400 Zuschauer im ausverkauften Europa-Saal den bekannten Diakon aus Köln.

„Ich bin stolz auf unser Publikum“, sagte Penn-Kommandant Georg Cosler etwas mehr als eine Stunde später, als er die Sitzung gerade beendet hatte. „Sie haben sogar dem letzten Redner noch sehr aufmerksam zugehört.“ Das hat beim größten und ältesten Karnevalsverein Aachens zwar Tradition, ist aber angesichts des anspruchsvollen Themas, das Pauels den Jecken im Saal zugemutet hatte, dennoch bemerkenswert. Der Bergische Jung hatte nämlich knapp eine halbe Stunde lang über den Humor gesprochen, „der über den Dingen steht“ und ihn am Ende sogar mit dem Tod verglichen, der ebenfalls über den Dingen steht. „Deshalb darf man und muss man sogar Witze über den Tod machen“, schlussfolgerte er. Das Publikum applaudierte begeistert.

Das machte sogar den Kommandanten etwas sprachlos. „Ich weiß auch nicht, woran das liegt“, sagte Cosler. „Vielleicht auch ein bisschen an der Garderobe“, mutmaßte er. Denn die Stadtgarde hatte auch diesmal wieder um Abendgarderobe gebeten. Wer sich so fein mache, so Coslers Spekulation, sei eben auch aufmerksamer.

„Die Büttenrede gehört zum Karneval einfach dazu“, stellte der Penn-Kommandant fest, deshalb halte man daran fest. Er weiß auch, dass das bei anderen Vereinen durchaus anders ist. Hier wird zugunsten von Partymucke mitunter komplett auf Redebeiträge verzichtet. „Ich finde es gar nicht so schlecht, dass die Aachener Vereine unterschiedliche Schwerpunkte setzen“, sagte Cosler dazu, „sonst wäre ja alles gleich.“

Der Schwerpunkt bei der Stadtgarde von 1857 lautet: traditioneller Karneval. So standen neben Pauels mit Stefan van den Eertwegh als Die Erdnuss und Dieter Röder als Ne Knallkopp insgesamt drei Redner auf der Bühne. Der Aachener Prinz Martin I. zog mit Hofstaat und Prinzengarde und Tanzpaar ein, die Ehrengarde der Stadt Köln bot Spielmannszug, Korpstanz und Marketenderpaar auf und Musik gab es natürlich auch. Für die Öcher Töne sorgten gewohnt stark die Originale und die 4 Amigos, die Kölschen Adler hingegen sangen op kölsch.

Korpstanz statt Penn-Show

Die Oecher Penn selbst besorgte den Auftakt mit einem imposanten Einmarsch samt Spielmannzug und dem Marketendertanz Angelina Meis und Christian Rademacher. Mit einer Tradition brach dann allerdings auch die traditionsreiche Stadtgarde. Denn statt der sonst üblichen bunt kostümierten Penn-Show gab es erstmals einen Korpstanz in Uniform. Marga Render hatte mit den Penn-Soldaten, -Fähnrichen und Offizieren sowie dem Marketenderpaar einen Tanz unter dem Motto Jacques Offenbach einstudiert – und zwar erfolgreich, denn die Stadtgardisten zeigten dabei durchaus tänzerisches Talent.

„Wir wollten in diesem Jahr mal etwas anderes machen“, begründete Georg Cosler die Umstellung. Es würde immer schwieriger, sich neue Penn-Shows einfallen zu lassen, „daher diesmal ein Korpstanz.“ Nach der Session werde überlegt, wie man weiter vorgehen werde. Eine Rückkehr zur Penn-Show sei ebenso möglich wie „den Korpstanz sogar noch auszubauen“, kündigte der Kommandant an. Anschauungsunterricht dazu lieferte später der grandiose Tanz der Ehrengarde aus Köln.

Apropos Köln: Aus dem Karneval in der anderen Domstadt ist auch der Bergische Jung Willibert Pauels bekannt. Und dass Humor und Tod zusammen funktionieren, bewies er letztlich so: „Tünnes und Schäl überqueren nach durchzechter Nacht einen Friedhof und schlafen dort ein. Als sie aufwachen sehen sie nur Gräber um sich herum, soweit das Auge reicht. Sagt Tünnes zu Schäl: ,Guck mal, das ist die Auferstehung. Und wir beide sind die ersten.‘“

Foto: Willibert Pauels, alias Ne Bergische Jung, spricht mit dem Humor, der über den Dingen steht, selbst zu später Stunde ein anspruchsvolles Thema an. Das Saal-Publikum feiert ihn begeistert.